Kryptowährungen sind schlecht für die Umwelt – dieses Narrativ geistert schon seit einigen Jahren durch den Mainstream. Doch stimmt das wirklich? Fakt ist, das Schürfen von Kryptowährungen benötigt eine ganze Menge Strom. Eine hohe Energiebilanz bedeutet aber nicht gleich, dass die digitalen Währungen die Umwelt schädigen. Es kommt nämlich nicht unbedingt darauf an wie viel Strom verbraucht, sondern woher dieser bezogen wird.
Woher kommt eigentlich der Strom für Kryptos?
Tatsächlich kann das niemand so exakt sagen, denn niemand weiß genau, wo sich die Miner befinden. Man kann jedoch Rückschlüsse ziehen und grobe Einschätzungen durchführen. Was klar ist, Miner werden von niedrigen Strompreisen regelrecht angezogen. Nehmen wir Kanada als Beispiel – denn Kanada ist das viertgrößte „Bitcoin-Mining“-Land der Welt. Das Land bezieht 56% der erzeugten Energie aus Wasserkraft – also saubere regenerative Energie. Wasserkraft erzeugt zu gewissen Zeiten, wenn hohe Wasserstände bestehen, überschüssigen Strom. Dieser wird dann günstig angeboten – was z. B. in der kanadischen Hauptstadt Quebec oft zu niedrigen Strompreisen führt. De facto sind in Kanada geschürfte Kryptowährungen wesentlich umweltfreundlicher als jene aus den USA, wo 80% der Energie aus Atomkraft und fossilen Brennstoffen gewonnen wird.
Welche Länder führen die Krypto-Produktion an und welche Formen von Energie verwenden sie?
Lange war China führend in der Erzeugung von Bitcoin und anderen Kryptowährungen – bis die Regierung das Mining aufgrund von Energieengpässen stark regulierte. In China nimmt der Anteil an Fossilen Energieträgern, Öl, Gas, Kohle 62% der Stromerzeugung ein. Heute sind folgende Länder führend in der Erzeugung von Kryptowährungen:
- USA
- Fossile Brennstoffe: 60 %
- Atomkraft: 20 %
- Erneuerbare Energien: 20 %
- Kasachstan
- Fossile Brennstoffe: 86 %
- Wasserkraft 14 %
- Erneuerbare Energie 1 %
- Russland
- Fossile Brennstoffe 68 %
- Atomkraft 11 %
- Wasserkraft: 21 %
- Erneuerbare Energie 1 %
- Kanada
- Fossile Energieträger 23 %
- Atomkraft 9 %
- Wasserkraft 56 %
- Erneuerbare Energie 12 %
Anmerkung: Deutschland nimmt den siebten Platz auf der Liste der Krypto-Erzeuger ein.
Diffuse Studienlage zum tatsächlichem Energieverbrauch
Speziell Gegner von Kryptowährungen legen hohe Zahlen und Vergleiche vor, um Kryptowährungen als bloße Energiefresser darzustellen. Tatsächlich sind die Studiendaten zum Stromverbrauch bei z. B. Bitcoin äußerst variabel, wenn nicht sogar unzuverlässig. So hat Alex de Vries (Departement of Economics) von der Universität Rotterdam den Energieverbrauch der weltweiten Bitcoin-Produktion auf 124,12 Terawattstunden pro Jahr bilanziert. Zahlen von der englischen Cambridge Universität deuten hingegen auf einen Strombedarf von 143,67 Terawattstunden pro Jahr hin.
Dan Hold, Analyst von Ark Invest kommt in seiner Rechnung sogar nur auf 50,8 Terawattstunden Verbrauch. Der Grund für diese völlig verschiedenen Ergebnisse ist, dass keine verlässlichen Daten zur Verfügung stehen und im Endeffekt alles auf Schätzungen beruht. Niemand weiß den genauen Standort der Netzwerkteilnehmer und vor allem nicht, wie hoch der Anteil an erneuerbaren und fossilen Energien tatsächlich ist.
Der Miningprozess basiert auf komplexen Rechenprozessen mit hohem Energiebedarf
Beim Bitcoin Mining wird Rechenleistung zur Verarbeitung von Transaktionen und der Synchronisierung aller Nutzer im Netzwerk benötigt. Dieser Prozess läuft rund um die Uhr, ohne Pausen. Die Teilnehmer des Netzwerkes sind dabei auf der ganzen Welt verteilt. Von einzelnen Personen, die ihren privaten Rechner ankoppeln, bis hin zu institutionellen und gewerblichen Serverfarmen. Um Bitcoins erzeugen zu können, müssen komplizierte Rechenaufgaben gelöst werden, für die massive Rechenleistung benötigt wird. Dabei schließen sich die Teilnehmer zu großen Gruppen, sogenannten Mining-Pools zusammen, um ihre Rechenleistung zu bündeln und somit die Chance auf eine Lösungsfindung zu erhöhen. Wird eine Aufgabe gelöst, wird der Ertrag auf alle Teilnehmer im Netzwerk, auf Basis der individuell zur Verfügung gestellten Rechenleistung aufgeteilt. Die leistungsstarken Geräte, die bei dem Prozess verwendet werden, laufen permanent auf Hochtouren. Das erfordert eine Menge Strom. In Ländern, in denen die Strompreise ohnehin hoch sind, lohnt sich das Mining deshalb nur bedingt. Folglich verlagert sich das Miningeschehen eher in Länder, in denen die Energiekosten vergleichsweise günstig sind. Das Problem: In diesen Ländern beruht die Energieerzeugung überwiegend auf Kohlekraft, was zu den umweltschädlicheren Methoden zählt
Sind Kryptowährungen daher umweltfeindlich?
Fakt ist, der Erhalt eines Krypto-Netzwerks benötigt ohne Unterbrechung Energie. Hier ist auch schon das Problem. Erneuerbare Energien wie z. B. die Solarenergie sind nicht zuverlässig genug und können daher nicht ununterbrochen Energie liefern. Das heißt, Kryptowährungen und Solarenergie finden schwierig zusammen, da sie einfach nicht die konstante Energie produzieren, welche Krypto-Netzwerke benötigen, um fortlaufend neue Blöcke zu erzeugen. Aber, ist es damit schon getan oder gibt es andere Lösungswege? Würden Kryptowährungen ausschließlich auf Basis von Ökostrom produziert werden, wäre ihre Umweltbilanz praktisch nicht existent. Erneuerbare Energien können also auch Kryptowährungen grüner machen. Einige Länder setzen diese Philosophie auch schon um – wie z. B. El Salvador mittels Geothermie.
Grüne Krypto-Welt – vielversprechende Projekte
Tatsächlich gibt es vielerlei Bemühungen die Krypto-Welt grüner zu machen. So auch durch El Salvador, das erste Land, welches Bitcoin neben dem US-Dollar als gesetzliches Zahlungsmittel eingeführt hat. Genauer handelt es sich um geothermische Kraftwerke, also Kraftwerke die Energie aus Vulkanen gewinnen.
- Geothermische Kraftwerke – Energieschöpfung aus Vulkanen
So sind direkt beim Kraftwerk des Tecapa Vulkans Container aufgestellt, an denen dauerhaft 300 Rechner im Betrieb sind, welche effektiv Mining betreiben. Da die Co² Bilanz dieser Kraftwerke sehr gering ist und die Energiequelle praktisch unerschöpflich, weitet die Regierung El Salvadors diese Form des Minings weiter aus.
- Rechenzentren – recyclebare Wärme
Eine weitere interessante und nachhaltige Idee hatte das Unternehmen Genesis Mining: Die von den Mining-Rechenzentren erzeugte Wärme wird dazu verwendet, um Gewächshäuser zu beheizen.
- Northern Data – Mobile Rechenzentren
Auch der deutsche Konzern Northern Data beschäftigt sich mit einer Methode, die das Schürfen von Kryptos deutlich nachhaltiger gestaltet – mittels mobiler Rechenzentren. Diese können weltweit überall aufgestellt werden. Im Jahr 2021 erstmalig in der schwedischen Stadt Boden. Der Grund: Dort gibt es die EU-weit günstigsten Strom, welcher zu 100% aus nachhaltiger regenerativer Wasserkraft erzeugt wurde. Die geringen Durchschnittstemperaturen dieser Region kühlen zudem die Hardware effektiv und ohne großen Aufwand ab. Der dort bezogene Strom fehlt schließlich auch nicht anderswo, da Wasserkraftwerke bei guten Bedingungen regelmäßig große Mengen Stromüberschuss produzieren.
- Projekt – Netzwerk Cleo
Ein weiteres vielversprechenderes Projekt, um neben dem Mining auch das Verifizieren von Transaktionen nachhaltiger zu gestalten, wird dem ‘‘Netzwerk Cleo‘‘ zugeschrieben. Die deutsche Telekom hat z. B. schon in deren Projekt ‘‘klimaneutrale Blockchain‘‘ investiert. Cleo setzt bei diesem Modell auf das sogenannte ‘‘Proof-of-Stake‘‘ Konzept. Dieses funktioniert gegensätzlich zum ‘‘Proof-of-Work‘‘ Schema, bei dem zig-fach Server gegeneinander wettern, um Transaktionen zu bestätigen und dafür eine Belohnung einzustreichen. Stattessen wählt das ‘‘Proof-of-Stake‘‘ Konzept der klimaneutralen Blockchain zufällige Netzwerkteilnehmer aus, welche diese Aufgabe übernehmen. Dadurch werden die übrigen Server entlastet, was nur einen Bruchteil der Energie beansprucht.
Fazit
Kryptowährungen nur auf ihren hohen Energieverbrauch zu reduzieren, ist in vielerlei Hinsicht nicht richtig. So auch die Forscherin Katarina Kelly von der Universität Nottingham England: „Man sollte nicht immer über den absoluten Energieverbrauch reden, sondern sich viel intensiver mit dem Co² Fußabdruck befassen“. Die Umweltauswirkungen der Kryptos hängen fast gänzlich von der Art der Energie ab, die dabei verwendet wird. Fest steht, es gibt zahlreiche Bemühungen durch geniale Köpfe, die an vielversprechenden Lösungen arbeiten, damit Kryptowährungen in Zukunft noch umweltfreundlicher werden. Denn einfach von der Bildfläche verschwinden, werden die gigitalen Währungen wohl kaum. Speziell die mit Kryptos in Verbindung gebrachten neuen Technologien sind wegweisend und zu fortschrittlich, um darauf verzichten zu wollen.