Smart Contracts werden im Deutschen auch manchmal als sogenannte intelligente Verträge bezeichnet, wobei aber die englische Bezeichnung hierzulande allgemein verwendet wird. Obwohl das enorme Potenzial von Smart Contracts bereits in den 1990er-Jahren aufkam, sind diese insbesondere durch die Blockchains erst in den letzten Jahren zu einem ganz neuen Ruhm gekommen. Wie aber funktionieren  Smart Contracts, was sind sie und wie können sie in der Praxis angewandt werden? Der folgende Artikel klärt auf.

 

Smart Contracts in der Blockchain einfach erklärt

Um Smart Contracts in der Blockchain treffend beschreiben zu können, lohnt sich der Blick auf ein aktuell noch alltägliches Beispiel aus der Praxis. Möchte Person A mit Autohändler B einen Kaufvertrag über den Kauf eines Autos abschließen, wird dieser zunächst aufgesetzt. Beide Parteien prüfen anschließend die Vertragsinhalte. Dann muss jede Partei den Vertrag unterschreiben und die Leistung wird, oftmals auch noch im Vertrauen auf die Gegenleistung des Gegenübers, erbracht.

Smart Contracts können solche Prozesse deutlich vereinfachen. Diese „Programme“ sind auf der Bloockchain gespeichert und werden dann ausgeführt, wenn die jeweiligen Bedingungen erfüllt sind. Mit Blick auf den Autokauf würde Person A den Besitz über das Fahrzeug also erst erlangen, wenn die Bedingung der Zahlung erfüllt worden ist. Die Vorteile liegen auf der Hand: Mit den Smart Contract kann die Ausfertigung des Vertrags automatisiert werden. Das spart Ressourcen und Zeit. Gleichzeitig haben alle am Geschäft beteiligten Personen oder Institutionen sofort Klarheit darüber, welches Ergebnis erzielt wurde.

 

Was sind Smart Contracts?

Bei Smart Contracts handelt es sich um Verträge in digitaler Form, die auf einer Blockchain gespeichert sind und bei Erfüllung vorgegebener Bedingungen ausgeführt werden. Welche Bedingungen dies sind, wird direkt im jeweiligen Vertrag bzw. Code des Smart Contracts festgehalten. Ermöglicht wird durch Smart Contracts zum Beispiel die Abwicklung von vertrauenswürdigen Transaktionen zwischen Teilnehmern, die sich ansonsten vollkommen anonym gegenübertreten.

Eine zentrale Kontrolle über die Verträge und Inhalte findet nicht statt. Dennoch sind Smart Contracts im Nachhinein nicht mehr veränderbar, für jeden Teilnehmer jederzeit transparent und stetig nachvollziehbar erfasst. Viele Blockchain-Plattformen haben sich verstärkt auf die Anbietung solcher Contracts spezialisiert. Ethereum gilt hier als das prominenteste Beispiel, da auf es die Ethereum-Blockchain seinen Anwendern ermöglicht, eigene Token speziell für Smart Contracts zu erstellen. Zusätzlich bieten aber unter anderem auch Cardano oder Tezos Smart Contracts an.

Dabei ist der Einsatz jedoch keinesfalls nur auf die Blockchains begrenzt. Insbesondere im Handel und der Industrie kommen Smart Contracts in leicht abgewandelter Form bereits im Lieferkettenmanagement vor. Mit diesen Programmen werden die Lieferketten automatisiert, so dass zum Beispiel bei Materialeinbußen automatisch Nachschub bei Zulieferern bestellt werden kann.

 

Funktionsweise von Smart Contracts

Aus technischer Sicht funktionieren Smart Contracts vor allem auf Basis einer sogenannten „If-then“-Funktion („Wenn-Dann“-Anweisung). Wenn eine oder mehrere festgelegte Bedingungen erfüllt sind, führen die im jeweiligen Netzwerk beteiligten Computer die erforderliche Aktion aus. Hierbei handelt es sich um eine beliebig festgelegte Aktion wie etwa die Freigabe der Zahlung an eine Partei. Sobald die Bedingungen erfüllt und die Aktion ausgeführt wurde, wird die jeweilige Blockchain aktualisiert und das Ergebnis der Ausführungen auf dieser gespeichert. Im Nachhinein kann eine Transaktion also nicht mehr verändert werden. Zudem sind die Ergebnisse für alle Parteien einsehbar, die eine Erlaubnis für den Zugriff besitzen.

Mit Blick auf die festzulegenden Bedingungen gibt es bei den Smart Contracts keine Obergrenze. Die am Geschäft beteiligten Parteien können beliebig viele Bedingungen festlegen, um so eine maximale Sicherheit für das Geschäft zu schaffen. Dabei gilt der Grundsatz: „Code is Law“ (dt. Code ist Gesetz).

 

Sind Smart Contracts rechtlich bindend?

Aus rechtlicher Sicht handelt es sich bei einem herkömmlichen Vertrag um eine zweiseitige Willenserklärung. Diese Willenserklärung ist rechtlich bindend und enthält zudem alle notwendigen Bedingungen zur Erfüllung des Vertrags. In der Regel werden Verträge schriftlich formuliert, wodurch eine gewisse Dokumentation sichergestellt ist. Verträge können jedoch nicht nur schriftlich zustande kommen, sondern auch mündlich oder durch konkludentes (schlüssiges) Handeln.

Smart Contracts enthalten alle Informationen, die auch ein „klassischer“ Vertrag enthält, wobei sie aber noch wesentlich komplexer ausgestaltet werden können. Der einzige Unterschied: Bei Smart Contracts werden Bedingungen und die Rechtsfolgen bei der Entwicklung des jeweiligen Codes berücksichtigt. Genau deshalb gilt hier der angesprochene Grundsatz: „Code is Law“.

Aber: Aktuell ist die deutsche Rechtsordnung zivil-, handels- und steuerrechtlich noch nicht in der Lage, Smart Contracts in ihr Rechtssystem einzubetten.

 

Branchen und Potenzial: Wo können Smart Contracts eingesetzt werden?

Das Potenzial von Smart Contracts ist theoretisch unendlich. In unzähligen Branchen und Bereichen können die intelligenten Verträge genutzt werden, um effizienter, effektiver und kostengünstiger zu arbeiten. Ein klassisches Beispiel ist der bereits angesprochene Einsatz zur Unterstützung und Optimierung von Lieferketten. Zusätzlich dazu können die Smart Contracts auch im Gesundheitswesen, Finanzwesen, in Lizenzierungsverfahren oder sogar bei der Regierungsarbeit verwendet werden.

In Zukunft können Smart Contracts zudem im Zuge der IoT-Technologie eine Kernfunktion einnehmen, wenn smarte Wohnräume miteinander vernetzt werden und die Geräte miteinander interagieren. Darüber hinaus kann diese Technologie zum Beispiel beim Leasing von Fahrzeugen und Maschinen, im klassischen Handel oder auch im Währungshandel verwendet werden.

 

5 Beispiele für die Anwendung von Smart Contracts in der Praxis

Um die Anwendung von Smart Contracts in der Praxis ein verständlicher zu machen, wurden im Folgenden fünf Beispiele aufgeführt:

  • Hauskauf: Beim Haus- oder Immobilienkauf können Smart Contracts zur Sicherung der Transaktion verwendet werden. Mittels der Technologie wird das Eigentum nach Bezahlung des Kaufpreises automatisch vom Verkäufer auf den Käufer übertragen.
  • Lieferketten-Unterstützung: Smart Contracts und Blockchains werden auch bei der Unterstützung von Lieferketten verwendet. So können zum Beispiel temperaturanfällige Pharmazeutika transportiert, und die dazugehörigen Daten über mehrere Parteien hinweg vertrauenswürdig bereitgestellt werden.
  • Gesundheitswesen: Im Gesundheitswesen helfen Smart Contracts dabei, die Verwaltung für Ärzte und andere Unternehmen zu reduzieren, auch Patientendaten können erfasst werden. Ärzte und Versicherungen haben Zugriff, wobei alle Patienten individuell festlegen können, welche Daten offenbart werden sollen. Zudem können Smart Contracts dabei helfen, gefälschte Arzneimittel vom Märkt zu verbannen oder die Abrechnung zwischen den einzelnen Parteien im Gesundheitswesen zu vereinfachen.
  • Finanzwesen: Im Finanzwesen sind Blockchains und Smart Contracts in mehrfacher Hinsicht im Einsatz. Zum einen im Zuge der Technologie der Kryptowährungen. Verifiziert und festgehalten werden können aber zum Beispiel auch Transfers von Wertpapieren oder anderen Finanzprodukten.
  • Lizenzierungen: Für die Vergabe von Software- oder Musik-Lizenzen können Smart Contracts ebenfalls verwendet werden. Der Zugriff auf die jeweilige Software kann zum Beispiel für Unberechtigte deaktiviert werden. Auch bei Leasing-Geschäften können Smart Contracts zum Einsatz kommen. So könnten Leasing-Unternehmen zum Beispiel das Fahrzeug stilllegen oder die Türen blockieren, wenn die Bedingung der Zahlung der Leasingraten nicht erfüllt wurde.

Im Überblick: Die bisherige Entwicklung

Die bisherige Entwicklung der Smart Contracts ist beachtlich. Schon jetzt wird die Technologie in vielen Bereichen und Branchen verwendet. So kooperiert der Software-Riese IBM zum Beispiel mit Sonoco und arbeitet daran, die Probleme und Zwischenfälle beim Transport von wichtigen Medikamenten mittels Blockchain und Smart Contracts zu reduzieren. Auch die US-amerikanische Baumarktkette The Home Depot setzt bereits auf Smart Contracts in der Blockchain, um so die Kommunikation mit ihren Zulieferern zu verbessern.

Der deutsche Stromkonzern RWE setzt ebenfalls bereits auf über die Ethereum-Blockchain angebotene Smart Contracts, mit der die Kunden an Stromtankstellen ihre Energie bezahlen können. Das Ethereum-Mainnet kann mittlerweile zudem in die Cloud-Dienste von verschiedenen Unternehmen wie SAP eingebunden werden.

 

Die Vor- und Nachteile der Smart Contracts zusammengefasst

Smart Contracts bringen eine ganze Reihe von Vorteilen mit sich. Dass mit dieser Technologie gewisse Nachteile bzw. Risiken verbunden sind, sollte jedoch nicht unbeachtet bleiben.

Vorteile

Der wohl größte Vorteil der intelligenten Verträge liegt in der Effizienz und Geschwindigkeit. Der Vertrag wird automatisch und unverzüglich ausgeführt, sobald die Bedingungen hierfür erfüllt sind. Klassische papierbasierte Prozesse entfallen, somit hält sich der Zeit- und Arbeitsaufwand bei der Vertragsgestaltung spürbar in Grenzen. Ein Abgleich von Dokumenten ist ebenfalls nicht erforderlich, zudem besteht nur eine sehr geringe Gefahr des Verlustes von wichtigen Dokumenten. Ein weiterer Vorteil ist die hohe Sicherheit. Smart Contracts sind durch kryptografische Verschlüsselungsverfahren geschützt, zudem können die Vertragsinhalte nachträglich nicht verändert werden. Dennoch haben alle am Vertrag beteiligten Parteien jederzeit Zugriff auf die Aufzeichnungen. Zudem besteht ein Vorteil in der großen Unabhängigkeit. Die Vertragspartner können sich unabhängig von Dritten wie Vermittlern machen. Zudem ist keine zentrale Überwachung durch Banken oder Behörden erforderlich.

Nachteile

Wie jede Technologie, bringen auch Smart Contracts gewisse Schwachstellen und Nachteile mit sich. Bedingt durch den Grundsatz „Code ist Law“ kommt diesem Programmcode natürlich eine ganz besondere Gewichtung zu. Fehler im Programmcode können massive Auswirkungen haben und eine ganze Blockchain unter Bedrängnis bringen. So bereits mehrfach passiert in der Vergangenheit. Nicht selten mit horrenden finanziellen Schäden.

Ebenfalls ein Kritikpunkt ist die begrenzte Handlungsfähigkeit bei ungeplanten Zwischenfällen. Die intelligenten Verträge können nur sehr begrenzt auf diese Zwischenfälle reagieren. Soll zum Beispiel eine Immobilie verkauft werden, die dann aber niederbrennt, kann dies zu Problemen im digitalen Vertrag führen. Vor allem ergeben sich mit der zunehmenden Nutzung und Anwendung in diversen Bereichen zahlreiche juristische Fragen, die es noch zu klären gilt. Beispielsweise steht die Frage im Raum, wer die Verantwortung für Programmierfehler eines solchen Vertrags übernimmt und wie dann zu verfahren ist. Des Weiteren ist es fraglich, ob jeder Nutzer die nötigen Kenntnisse hat, um den zugrunde liegenden Smart Contract wirklich zu verstehen. Viele Unternehmen scheuen zudem die Umstellung zu den Smart Contracts und Blockchains aufgrund hoher Investitionskosten und der notwendigen Expertise. Auch die muss unter Umständen teuer eingekauft werden. Zumindest zum gegenwärtigen Zeitpunkt sind die auf Unternehmensseite hohen Kosten also ebenfalls ein Nachteil.

 

Zusammenfassung der wichtigsten Vor- und Nachteile

 

Vorteile

Nachteile

Hohe Effizienz und Geschwindigkeit bei der Ausführung von Verträgen

Fehler im Programmcode der Smart Contracts können massive Auswirkungen haben

Geringer Verwaltungsaufwand

Begrenzte Handlungsfähigkeit bei ungeplanten Zwischenfällen

Kein Abgleich von Dokumenten erforderlich

Derzeit noch hohe Investitionskosten beim Aufbau der Infrastruktur auf Unternehmensseite

Smart Contracts sind durch kryptografische Verschlüsselungsverfahren geschützt

Offene Fragen bzgl. Verantwortlichkeit bei Programmierfehlern

Nachträgliche Veränderung der Vertragsinhalte nicht möglich

Wenig Kenntnisse der Nutzer

Dauerhafter Zugriff aller Vertragsparteien auf die Dokumente und Informationen

Noch nicht im deutschen Rechtssystem eingebunden

Unabhängige und dezentrale Kontrolle über die Transaktionen

 

Einsatzbereich von Smart Contracts nahezu unbegrenzt

 

P2P-Transaktionen ohne Intermediär